Stolpersteine für Blankenburg

Das Stolperstein-Projekt des Künstlers Gunter Demnig, mit dem an Opfer der Nazi-Diktatur erinnert wird, rückt auch für Blankenburg in greifbare Nähe. Am 14. März soll der Stadtrat abschließend entscheiden, zwei Ausschüsse haben dem privaten Vorstoß bereits zugestimmt.

Von Dennis Lotzmann

Christa Grimme
Christa Grimme

Blankenburg – Christa Grimme ist optimistisch, dass noch in diesem Jahr die ersten Stolpersteine auch in Blankenburg verlegt werden können. Die 70-Jährige, die vor einiger Zeit in einer anderen Stadt auf die von dem Künstler Gunter Demnig 1992 initiierte Gedenkaktion aufmerksam geworden war, hat es sich zur Aufgabe gemacht, auch Opfern der Nazi-Diktatur aus ihrer Heimatstadt auf dieser Weise zu gedenken. Die entscheidende Hürde soll das ausschließlich mit Spenden finanzierte Projekt Mitte des Monats nehmen. Am 14. März sollen die Stadträte abschließend über ihren Vorstoß befinden. Mit Zustimmung ist zu rechnen – in zwei Ausschüssen wurde das Vorhaben bereits befürwortet.

Geben die Stadträte ihren Segen, würde sich für Christa Grimme der Kreis schließen. Sie sei vor Jahren selbst buchstäblich über diese Steine gestolpert. „Ich glaube, es war in Hannover, wo mir diese im Pflaster eingelassenen kleinen Messing-Tafeln mit den Lebens- und Sterbedaten von Menschen erstmals aufgefallen sind”, berichtet sie. „Für mich war das damals im wahrsten Sinne des Wortes ein Stein des Anstoßes. Ich habe anschließend nicht nur die Hintergründe dieses Projektes recherchiert, sondern letztlich daraus die Idee abgeleitet, diese Art des Gedenkens nach Blankenburg zu holen, wenn es denn auch in meiner Stadt Betroffene gibt.”

Und die gibt es durchaus. Wobei Christa Grimme mit Blick auf letzteren Punkt nicht lange recherchieren musste. Die nötige Vorarbeit hätten schon vor rund zehn Jahren Schüler der Europa-Sekundarschule August-Bebel geleistet, als sie Fakten über das Leben und die Vernichtung von Blankenburger Juden zusammentrugen. Es gebe also auch hier Opfer, denen mit solchen Stolpersteinen gedacht werden könnte. „Und auch sollte”, ist Christa Grimme überzeugt.

Der Weg bis zum nun sehr wahrscheinlichen Beschluss im Stadtrat war freilich lang. Nicht jeder der Verantwortlichen hat den Vorstoß in der Vergangenheit begrüßt. Ex-Bürgermeister Hanns-Michael Noll (CDU) befürwortete zwar den Fakt der Erinnerung an sich, nicht aber die von Grimme vorgeschlagene Form. Messing-Stolpersteine im Straßenpflaster, auf die im Zweifelsfall selbst Hunde etwas fallen lassen können, waren für Noll keine würdige Form des Gedenkens. Daher wurde in Blankenburg bislang – wenn es ums Gedenken ging – eher auf Tafeln gesetzt.

Christa Grimme akzeptiert Nolls Sichtweise – „ich teile sie aber nicht”, betont sie. In Nolls Nachfolger Heiko Breithaupt (CDU) hat sie nun einen grundsätzlichen Fürsprecher. Wenngleich auch er noch Diskussionsbedarf sieht, weil viele Fakten rund um die betroffenen Personen heute nur schwer belegbar seien. Christa Grimme geht davon aus, dass es in Blankenburg – legt man die bisherigen Kriterien der bundesweit zahlreichen Stolperstein-Aktionen zugrunde – acht bis zehn Personen gibt, denen entsprechend gedacht werden könnte. Wobei sich der Kreis längst nicht nur auf deportierte und ermordete Juden beschränken müsse. Auch Sinti und Roma, Kranke, die dem Euthanasieprogramm der Nazis zum Opfer fielen, oder Homosexuelle seien denkbar, erinnert die Initiatorin.

Entsprechend weit gefasst ist laut Beschlussvorlage der Kreis der Blankenburger, derer gedacht werden soll: Wachgehalten werden soll das Andenken an Mitbürger der Stadt, die im Nationalsozialismus verfolgt, ermordet, deportiert, vertreiben oder in den Suizid getrieben wurden, heißt es in der Beschlussvorlage. Und auch mit Blick auf den Einwand, dass die Stolpersteine ja buchstäblich mit Füßen getreten würden, hat sie eine persönliche Sicht. „Ich habe sogar erlebt, dass auch Menschen, die beispielsweise obdachlos sind, ganz bewusst Distanz zu den Steinen gehalten haben und ihr Lager abseits aufgeschlagen haben.”

Bleibt letztlich die Frage der Kosten. Ein Stolperstein hat vor Jahren 120 Euro gekostet. Und klar ist: Die Aktion soll für die Stadt kostenneutral sein, also privat oder mittels Spenden finanziert werden, wie es in der Vorlage heißt. „Kein Thema”, betont Initiatorin Grimme. „Ich habe zu meinem 70. Geburtstag im Herbst vorigen Jahres um Spenden gebeten”, so das sozialdemokratische Mitglied im Harzer Kreistag. Rund 700 Euro seien zusammengekommen. An den finanziellen Mitteln, betont Christa Grimme, werde das Projekt nicht scheitern.

Geben die Stadträte am 14. März grünes Licht, könnten die weiteren Detailplanungen starten. Da Gunter Demnig selbst mehrere Monate Vorlauf benötige, könnten die ersten Stolpersteine voraussichtlich im Oktober verlegt werden. Ein Schritt, den Demnig traditionell selbst vollzieht. „Dazu würde ich dann sehr gern Schüler unserer Bebel-Schule mit einladen, damit sie sehen, was aus ihren damaligen Recherchen geworden ist.”

Weitere Informationen:
www.stolpersteine.eu

Quelle: Harzer Volksstimme vom 06. März 2019, Autor: Dennis Lotzmann

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