Traditionelles Erstwählerforum im Gymnasium “Am Thie” zur Landtagswahl am 20. März

Politikverdrossenheit? lm Gymnasium “Am Thie” ist davon nichts zu spüren. Beim traditionellen Erstwählerforum stehen die fünf Landtagskandidaten der demokratischen Parteien des Wahlkreises 15 – er umfasst Blankenburg, Nordharz und llsenburg – den Jugendlichen Rede und Antwort. Mit einer Ausnahme: Arnd Müller, selbständiger Handwerksmeister aus Osterwieck, hat aus beruflichen Gründen abgesagt. Er wird aber prominent ersetzt: Mit Prof. Dr. Claudia Dalbert aus Halle, der Spitzenkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen in Sachsen-Anhalt.

Die Gymnasiasten folgen interessiert und konzentriert den persönlichen Vorstellungen und den politischen Zielen der Kandidaten, um ihnen schließlich selbst auf den Zahn zu fühlen. So will Felix Krosch von Klaus Bartsch (FDP) wissen, welche Regulierungen er konkret abbauen wolle. Bartsch, der als ehemaliger Lehrer im GAT quasi ein Heimspiel hat, schildert den jungen Zuhörern, wie übertrieben aus seiner Sicht die Umbauarbeiten an der Grundschule seines Heimatortes Timmenrode abgelaufen sind. “Zwischen jeden Klassenraum musste aus Brandschutzgründen eine neue Tür eingebaut werden. Das bringt mehr Tohuwabohu als Sicherheit.”, so Bartsch, der übertriebene Auflagen auch als Hemmnisse für kleine Unternehmen sieht.

“Was würden sie für mehr Freizeitrnöglichkeiten in Blankenburg tun?”, fragt Julia Thomas in die gesamte Runde. Claudia Dalbert schlägt den Jugendlichen vor sich mehr ins Stadtparlament einzubringen. “Ihr müsst dort eine Stimme haben”, so die Uni-Professorin. Klaus Bartsch, der selbst im Blankenburger Stadtrat mitarbeitet, erinnerte daran, dass beim “Streichkonzert des Haushaults 2011 die Jugendarbeit und die Jugendtreffs in den Ortsteilen nicht angefasst wurden.” Die Jugendlichen sollten die Möglichkeit nutzen die Stadträte anzusprechen um ihre Belange vorzubringen. Ronald Brachmann (SPD) meint: “Wenn es hier Defizite gibt, dann artikuliert euch gegenüber der Stadt. Sagt es deutlich.” Die Landespolitik könne über Fördergelder auch einiges mit auf den Weg bringen.

André Lüderitz (Die Linke) bedauert, dass in Blankenburg das einst gegründete Jugendparlament wieder eingeschlafen ist. Er habe aber in seiner Arbeit im Ilsenburger Stadtrat erlebt, dass “Immer dann, wenn Jugendliche sich aktiv eingebracht haben, sie damit auch Erfolg hatten.” Bernhard Daldrup (CDU) erinnert derweil daran, dass es gerade in Blankenburg ein “Unglaubliches Angebot an aktiven Vereinen gibt, in denen sich Kinder Jugendliche schon jetzt engagieren können.”. Aus seiner Sicht sollten diese Angebote noch intensiver genutzt werden. Er sehe dagegen das Problem, dass Schülern oft die Zeit für mehr Freizeit fehle.

Richtig politisch wird es, als Michael Stiebe die Frage nach Ungerechtigkeiten in der Hartz-IV-Gesetzgebung stellt. “Ist das nicht Armut per Gesetz?” fragt er. Für André Lüderitz gebe es mehrere Lösungen: Zum einen die Vergabe von öffentlichen Aufträgen nur noch an Firmen, die Mindest- oder TarifIohn zahlen. Zudem sollte statt der Bürgerarbeit ein öffentlicher Beschäftigungssektor geschaffen werden, finanziert über den europäischen Sozialfonds mit Stundenlöhnen von mindestens 8,50 Euro – “Damit viele Menschen die Chance auf eine Arbeit haben von der sie auch leben können.”

Ronald Brachmann tritt dafür ein, Menschen in die Lage zu versetzen, mit der eigenen Arbeit ihren Lebensunterhalt verdienen zu können. Allerdings habe seine Partei den jüngsten Gesetzen auf Bundesebene nur zugestimmt, weil das Bildungspaket dran hing. Claudia Dalbert spricht sich für flächendeckende Mindestlöhne aus. Sie äußert sich besorgt zur Kinderarmut und empfiehlt nicht die Eltern zu fördern, sondern finanziell direkt die Kinder. Klaus Bartsch meint: “Nur durch mehr Arbeitsplätze gibt es weniger Hartz-IV-Empfänger.” Er sieht deshalb den Ausbau entsprechender Infrastrukturen für Handwerk, Gewerbe und Tourismus als wichtigstes Instrument.

Bernhard Daldrup merkt kritisch an, dass viele seiner Mitbewerber nicht sagen könnten, wie sie Ihre Wünsche bezahlen wollen und sprach sich für eine Kontinuität in der Landesolitik aus. Aus seiner Sicht sei das “Schaffen von Arbeit und von Geldkreisläufen das A und 0.” Kerstin Schneemilch ist besorgt über die drohende Arbeitsplatz-Konkurrenz aus dem Ausland. Brachmann: “Dagegen genügt ein flächendeckender Mindestlohn.”

Bastian Paul interessiert, warum die Sanierung des Blankenburger Schlosses nicht zugunsten der Bildung zurückgestellt wird. Bernhard Daldrup dazu: „Wenn wir die Substanz des Schlosses nicht heute erhalten, wird es noch teurer.“

Auch die Frage nach einem bundeseinheitlichen Abitur beschäftigt die Schüler. Aus Sicht von Claudia Dalbert seien die Kultusminister der Bundesländer dabei “in winzigen Tippelschritten” zu definieren, was Schüler in welchen Klassenstufen können müssen. Aus Sicht von Brachmann ist dieses Thema vor allem im Westen “eine heilige Kuh”. Es sei ein mühevoller Weg zu einheitlichen Standards.

Schulleiter Dr. Bernd Büchel dankte schließlich den Kandidaten. Nun haben seine Schützlinge die “Qual der Wahl”.

Urheber: Harzer Volksstimme in der Fassung vom 10.03.2011
Autor: Jens Müller

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